Das menschliche Gehirn besser verstehen
Wissenschaftspreis der Hector Stiftung geht an Prof. Dr. Katrin Amunts für ihre herausragenden Forschungen auf dem Gebiet der Hirnforschung
WEINHEIM. Prof. Dr. Katrin Amunts erhält in diesem Jahr den mit 150.000 Euro dotierten Wissenschaftspreis der Weinheimer Hector Stiftung. Die 59-jährige Potsdamerin ist eine der herausragenden Vertreterinnen der interdisziplinären Hirnforschung. Der Wissenschaftlerin ist es gemeinsam mit ihrem Team gelungen, das menschliche Gehirn in einem noch nie dagewesenen Maßstab mit extrem hochauflösenden Methoden zu kartieren. Dabei ist in einer innovativen Verbindung von Laborforschung und Supercomputing ein digitaler 3D-Atlas des menschlichen Gehirns mit mehr als 200 Arealen entstanden, von denen viele zum ersten Mal überhaupt identifiziert werden konnten.
Unter dem Mikroskop zeigen sich in der Struktur dieser Areale spezifische Unterschiede in bisher nie dagewesener Auflösung und Detailtiefe, die Rückschlüsse auf ihre Funktion, aber auch auf die Prozesse zulassen, denen diese Areale bei Krankheiten wie Alzheimer oder bei einem Schlaganfall unterliegen. Das bessere Verständnis für das Entstehen von Krankheiten und die genaue Lokalisierung des betroffenen Areals können neue Ansätze für die Therapie liefern, zum Beispiel für die genauere Platzierung von Elektroden zur tiefen Hirnstimulation bei Parkinson-Patienten.
Die Jury würdigte mit der Verleihung des Hector Wissenschaftspreises die herausragende Grundlagenforschung von Katrin Amunts, die als Professorin für Hirnforschung und Direktorin des C. und O. Vogt-Instituts für Hirnforschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und des Instituts für Neurowissenschaften und Medizin am Forschungszentrum Jülich tätig ist. Seit 2016 ist sie zudem wissenschaftliche Leiterin des europäischen „Human Brain Projects“, an dem 122 Institutionen aus ganz Europa zusammenarbeiten. Für die Forschung an der Schnittstelle zwischen Neurowissenschaft, Medizin und Computing entsteht dort eine europäische Forschungsinfrastruktur, die unter dem Namen EBRAINS dauerhaft verfügbar bleibt.
Wie im Vorjahr trafen sich aufgrund der Corona-Pandemie der Vorstand der Stiftung und das Präsidium der Hector Fellow Academy in einem virtuellen Rahmen zur Preisverleihung. In ihrer Laudatio würdigte Prof. Dr. Brigitte Röder, die als Neurowissenschaftlerin den Hector Wissenschaftspreis 2018 erhalten hat, die „atemberaubenden Bilder des menschlichen Gehirns“, die das Team von Katrin Amunts weltweit Wissenschaftlern zur Verfügung stellt. Sie leiste damit einen enorm wichtigen Beitrag zur Grundlagenforschung. Dass Katrin Amunts 2015 von „Business Insider“ in die exklusive Liste der „50 Wissenschaftler, die die Welt verändern“ aufgenommen wurde, bringe die Bedeutung ihrer Arbeit auf den Punkt. Stifter Dr. h.c. Hans-Werner Hector hieß die Hirnforscherin nun auch im Kreis der 26 „Hector Fellows“ willkommen, die an der gleichnamigen Academy gemeinsam an interdisziplinären Projekten forschen und den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern.
Mit einer spannenden Präsentation gab Katrin Amunts einen kleinen Einblick in ihre Arbeit. Dabei wurde deutlich, welch enorme Datenmengen erforderlich sind, um einen 3D-Altlas in solch hoher Auflösung zu erstellen. Denn das menschliche Gehirn enthält etwa 86 Milliarden Nervenzellen, die miteinander vernetzt sind. Um der Funktionsweise in der gewünschten Detailtiefe auf den Grund gehen zu können, brauchen einerseits die Hirnforscher Hochleistungscomputer und riesige Speicherkapazitäten, andererseits sind die dabei gewonnenen Erkenntnisse auch für die Weiterentwicklung von Supercomputern sehr wertvoll, deren Funktionsweise dem menschlichen Gehirn nachempfunden wird.
Über Katrin Amunts
Katrin Amunts wurde am 5. September 1962 in Potsdam geboren. Sie studierte von 1981 bis 1987 Biomedizin und Biophysik in Moskau. Nach ihrer Promotion 1989 war sie zunächst wissenschaftliche Assistentin am Fraunhofer-Institut in Berlin. Ab 1992 war sie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf tätig, wo sie im Jahr 2000 im Fach Anatomie habilitierte. 2004 bis 2008 war Katrin Amunts Professorin für strukturell-funktionelles Brain-Mapping an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. Seit 2008 ist sie als Direktorin am Institut für Neurowissenschaften und Medizin am Forschungszentrum Jülich tätig, ab 2013 außerdem als Professorin und Direktorin am C. und O. Vogt-Institut für Hirnforschung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seit 2016 ist sie zudem wissenschaftliche Leiterin des europäischen „Human Brain Projects“, an dem 122 Institutionen aus ganz Europa zusammenarbeiten. Darüber hinaus zeichnet sie ein besonderes Engagement für gesellschaftliche Belange aus. So war Katrin Amunts beispielsweise von 2012 bis 2020 Mitglied des Deutschen Ethikrates und dort vier Jahre lang stellvertretende Vorsitzende.
Pressemitteilung der Hector Stiftung II