Genetische Einblicke in Symmetriebrüche bei einem Schuppenfresser-Buntbarsch
Xiaomeng Tian, Young Researcher der Hector Fellow Academy, ist Erstautorin des im Juli 2025 in Science Advances erschienenen Artikels „Insights into the genetic basis of bilateral head asymmetry in a scale-eating cichlid fish“. Sie führte diese Arbeit gemeinsam mit Hector Fellow Axel Meyer und Co-Autor Ming Li durch.
In der Studie wird der Schuppenfresser-Buntbarsch (Perissodus microlepis) aus dem Tanganjikasee untersucht. Einige Tiere entwickeln einen nach links gebogenen Kopf, andere einen nach rechts. Dadurch können sie jeweils unterschiedliche Seiten ihrer Beutefische angreifen. Diese ungewöhnliche Ausprägung bleibt in der Natur in einem Verhältnis von etwa 50:50 stabil erhalten – durch einen Mechanismus, der als negative frequenzabhängige Selektion bezeichnet wird. Dabei haben die selteneren Morphen einen kurzfristigen Vorteil.
Um die genetische Grundlage dieses Merkmals zu verstehen, erstellten die Forschenden das erste Referenzgenom auf Chromosomenebene für diese Art. Dazu sequenzierten sie 102 wild gefangene Individuen und analysierten ihre Schädel mit hochauflösenden Mikro-CT-Scans. Dabei identifizierten sie 72 Genomregionen, die mit der Entwicklung des Schädels, der Funktion des Nervensystems und der frühen Links-Rechts-Asymmetrie zusammenhängen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Kopfasymmetrie nicht von einem einzelnen Gen gesteuert wird, sondern von vielen miteinander interagierenden Genen in Kombination mit dem Fressverhalten. Dies liefert wichtige Einblicke in die Aufrechterhaltung genetischer Vielfalt durch ökologische Wechselwirkungen in der Evolution. Über die Evolutionsbiologie hinaus könnten die Ergebnisse auch dazu beitragen, angeborene kraniofaziale Fehlbildungen und neurologische Erkrankungen beim Menschen besser zu verstehen, bei denen die Links-Rechts-Asymmetrie eine entscheidende Rolle spielt.