Dem Geheimnis des Lernens auf der Spur
Wissenschaftspreis der Hector Stiftung geht an Prof. Dr. Brigitte Röder, Universität Hamburg
HEIDELBERG/WEINHEIM. Prof. Dr. Brigitte Röder von der Universität Hamburg erhält in diesem Jahr den mit 150.000 Euro dotierten Wissenschaftspreis der Hector Stiftung. Die Jury würdigt damit ihre herausragenden Leistungen in der Forschung zum Zusammenspiel verschiedener Sinnessysteme (Multisensorik) sowie zur Altersabhängigkeit der funktionellen Organisation des menschlichen Gehirns (Neuroplastizität) und der daraus resultierenden Lernprozesse.
Die 50-jährige Psychologin und Neurowissenschaftlerin geht mit ihrem Team zum Beispiel der Frage nach, warum Menschen einige Fähigkeiten im Alter nicht mehr erlernen können, wenn ihnen bestimmte frühkindliche Erfahrungen fehlen. Ein tieferes Verständnis von der Prägung des Gehirns in diesen sensiblen Phasen der Entwicklung, in denen der Mensch besonders schnell und leicht lernt, könnte dazu beitragen, diese Fähigkeiten auch zu einem späteren Zeitpunkt zu fördern.
Brigitte Röder forscht und lehrt seit 2003 an der Universität Hamburg. Sie ist dort Professorin für Biologische Psychologie und Neuropsychologie. Für ihre Forschungen wurde sie wiederholt ausgezeichnet. So erhielt sie zum Beispiel 2014 den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der als die höchste Auszeichnung des deutschen Wissenschaftssystems gilt.
Bei der festlichen Preisverleihung im Hotel Europäischer Hof in Heidelberg machte Prof. Dr. Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), in seiner Laudatio deutlich, dass Brigitte Röders herausragende Forschungen konkrete Bedeutung für die Gestaltung von institutionellen Bildungsprozessen haben könnten. Zum Beispiel gehe es um die Frage, wann am besten welches Wissen vermittelt werden sollte. Gerade im Hinblick auf die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses frage er sich, ob zum Beispiel Orientierungs- und Beratungsangebote sowie Vorkurse und Programme beim Studieneinstieg nicht nur ein – zu spätes – „Herumdoktern an den Symptomen“ sei. Besonders wichtig wären Angebote, die viel früher – schon im Grundschulalter – ansetzen, um Kindern Gelegenheit zu geben, Wissen zu generieren und dieses mit „wundervollen Aha-Momenten“ zu verbinden. Die Hector Stiftung verfolge mit den Hector Kinderakademien genau diesen Ansatz, um Kinder nachhaltig für die Naturwissenschaften zu begeistern, würdigte Holger Hanselka auch das außergewöhnliche Engagement der Stifter Josephine und Dr. h.c. Hans-Werner Hector.
Die Hector Stiftung vergibt den Hector Wissenschaftspreis seit zehn Jahren – „wir feiern also ein kleines Jubiläum“, hatte Stiftungsvorstand Uwe Bleich zu Beginn der Preisverleihung deutlich gemacht. Kurz skizzierte er, wie sich bei der Hector Stiftung der Bereich Wissenschaft und Bildung in dieser Zeit entwickelt hat, welcher für die Stiftung „den Schlüssel für Fortschritt und Wohlstand in unserer Gesellschaft darstellt“. So ist mit der Verleihung des Wissenschaftspreises die Aufnahme in den Kreis der „Hector Fellows“ verbunden, dem mit Brigitte Röder nunmehr 23 Wissenschaftler*innen angehören. 2014 wurde die „Hector Fellows Academy“ aus der Taufe gehoben. Sie dient den Preisträger*innen als Forum und bietet Nachwuchswissenschaftler*innen die Möglichkeit, eigene Projekte – unter der Betreuung eines „Hector Fellow“ – als Doktorand*in zu bearbeiten. Weiterhin werden Postdoktorand*innenstellen für fachübergreifende Projekte mehrerer Hector Fellows geschaffen.
Ebenfalls seit 2014 fördert die Stiftung das Hector Institut für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen, das die Qualität von Bildungsprozessen untersucht und damit eine Brücke baut zwischen Wissenschaft und Praxis. Davon profitieren das Hector Seminar, das seit Dezember 2000 hochbegabte Jugendliche an Gymnasien in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) fördert, und die 65 Hector Kinderakademien in Baden-Württemberg, die 2010 gegründet wurden und rund 20.000 Schüler pro Jahr erreichen.
Darüber hinaus, so Uwe Bleich abschließend, lege die Hector Stiftung einen besonderen Schwerpunkt auf die Förderung der Hochschulen in Deutschland. Sie stellt zum Beispiel zwei Wissenschaftsfonds für das KIT und die Universität Konstanz zur Verfügung, mit denen Forschungsprojekte gefördert und bessere Arbeitsbedingungen für die Wissenschaftler*innen geschaffen werden, um anderen Spitzenhochschulen Paroli zu bieten.
Pressemitteilung der Hector Stiftung II
v.l.: Dr. Hans-Werner Hector, Josephine Hector, Prof. Dr. Brigitte Röder, Prof. Dr. Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie