Neuronale Erkrankungen besser bekämpfen durch Forschung mit Lichtschaltern im Gehirn
- Hector Fellow Academy initiiert interdisziplinäres Forschungsprojekt
- Hector Fellows Karl Leo und Peter Hegemann verknüpfen Optoelektronik mit Optogenetik
- Nachwuchswissenschaftler Giuseppe Ciccone und Rodrigo Fernandez Lahore entwickeln organische Leuchtdioden für die Optogenetik
Karlsruhe: In der Hector Fellow Academy wurde kürzlich ein neues, interdisziplinäres Forschungsprojekt angestoßen und bringt nun erste Erkenntnisse. Mit der Finanzierung zweier Promotionsstellen unterstützt die HFA die Idee ihrer Hector Fellows, des Physikers Karl Leo und des Biophysikers Peter Hegemann, und ermöglicht ein fächerübergreifendes Forschungsprojekt, dass so sonst nicht entstanden wäre. Im Rahmen ihrer Dissertationen werden der Bioingenieur Giuseppe Ciccone aus Italien und der Biophysiker Rodrigo Fernandez Lahore aus Argentinien in den kommenden Jahren neue Ansätze entwickeln, um organische Leuchtdioden (OLEDs) in der Optogenetik anzuwenden.
Die Optogenetik ist eine relativ junge Technologie, mit der sich Prozesse im Inneren von Zellen, Geweben oder ganzen Organismen durch Licht an- und ausschalten lassen. Als eine Art Schalter schleusen Wissenschaftler*innen dazu den Bauplan für lichtempfindliche Proteine in das Erbgut der zu untersuchenden Zelle ein. Beleuchten sie diese anschließend mit Licht einer bestimmten Wellenlänge, können sie den Schalter auslösen und bestimmte Aktivitäten erhöhen oder drosseln. Besonders populär ist die Anwendung dieser Technik aktuell an Nervenzellen, den Neuronen. Davon verspricht sich die Wissenschaft neben einem besseren Verständnis der Signalverarbeitung des Gehirns auch neuartige Ansätze gegen neuronale Erkrankungen.
„Bisher werden dazu Glasfaserkabel ins Gehirn der Versuchstiere implantiert“, sagt Fernandez Lahore. „Wir setzen dafür stattdessen organische Leuchtdioden ein. Diese haben beispielsweise den Vorteil, dass sie im Körper mit der Zeit zerfallen und nicht in einer zweiten OP entfernt werden müssen.“ Die OLEDs sollen verschiedene Farben erzeugen können. So erhöht rotes Licht die Aktivität der Neuronen während blaues Licht diese drosselt. „Eine entscheidende Herausforderung ist dabei, dass es erforderlich ist, dass die Farben der OLEDs die biologischen Schalter separat aktivieren können, ohne zugleich alle zu beeinflussen“, sagt Ciccone. „Außerdem wollen wir die Leuchtdioden dahingehend entwickeln, dass sie in der nassen Umgebung von organischem Gewebe zuverlässig funktionieren.“
Die Idee zu diesem Projekt stammt von den Hector Fellows Karl Leo und Peter Hegemann. Leo ist Professor für Optoelektronik, leitet das Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials (IAPP) an der Technischen Universität Dresden und ist einer der international führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet organischer Halbleiter. Hegemann ist Hertie Senior Professor für Neurowissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und leitet die Arbeitsgruppe für experimentelle Biophysik. Er ist ein weltweit führender Experte der Photobiologie und gilt als einer der Mitbegründer der Optogenetik.
Mit der Finanzierung zweier Promotionsstellen macht die Hector Fellow Academy diese fachübergreifende Forschung jetzt möglich. Im Team von Leo in Dresden ist Ciccone mit der Entwicklung der OLEDs betraut, während Fernandez Lahore im Team von Hegemann in Berlin an der biologischen Implementierung arbeitet. Für beide Nachwuchswissenschaftler machen sowohl der interdisziplinäre Ansatz als auch die Förderung durch die Hector Fellow Academy den besonderen Reiz dieses Projektes aus. „Jeder von uns kann in den hervorragend ausgestatteten Laboren seines Hector Fellows an seinem Teil des Projektes arbeiten. Konstant tauschen wir uns über das Erreichte aus und planen gemeinsam die nächsten Schritte“, sagt Ciccone. „So können wir die Leuchtdioden schon während der Entwicklung für ihren späteren Zweck optimieren.“ Und auch die Fortbildungsprogramme, die fester Bestandteil der Promotionsförderung der Hector Fellow Academy sind, haben es den beiden Doktoranden angetan. „Dass ich mir parallel zu meinen Forschungen auch Kenntnisse im Management aneignen und meine Soft Skills ausbauen kann, ist für mich ein weiterer großer Vorteil dieses Projekts“, sagt Fernandez Lahore.