Die algorithmische Grundlage der Mustererkennung bei einem Insektenbestäuber
Lochlan Walsh – Hector Fellow Awardee Anna Stöckl
Menschliche Gehirne und visuell gesteuerte Roboter benötigen eine intensive Rechenleistung, um visuelle Muster in verschiedenen Kontexten und Variationen zu erkennen. Insekten wie das Taubenschwänzchen nutzen ebenfalls diese invariante Mustererkennung, um anhand von Blütenmustern geeignete Nahrungspflanzen auszuwählen – und das mit nur einem Bruchteil der "Rechenleistung". Um zu verstehen, wie diese Effizienz möglich ist, werden wir verhaltensbasierte und neuronale Methoden einsetzen, um die algorithmische Grundlage der Mustererkennung bei Insekten aufzudecken.
“Active sensing”, d. h. die Nutzung von Bewegungen zur aktiven Erfassung von sensorischen Informationen aus der Umwelt, wird bei verschiedenen Tierarten durch unterschiedliche Mechanismen erreicht. Im Falle des Sehens können Menschen Augenbewegungen nutzen, und Roboter können Kameras manövrieren, um aktiv Informationen wie Merkmale von Mustern zu sammeln und zu verarbeiten. Insekten hingegen sind durch ihre Morphologie viel stärker eingeschränkt, was die Bewegung ihrer visuellen Sensoren angeht.
Insektenbestäuber sind in dieser Hinsicht besonders interessant, da sie visuelle Muster auf Blüten erkennen und darauf reagieren müssen, wenn sie entscheiden, wo sie auf Nahrungssuche gehen. Um die morphologischen Einschränkungen ihrer Augen hinsichtlich des aktiven Sehens zu überwinden, steuert das Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) seinen Körper, während es über Blüten schwebt, und sammelt dabei Informationen über deren Muster. Muster in verschiedenen Formen und in unterschiedlichen Kontexten zu erkennen, kann beim Menschen Millionen von Neuronen erfordern. Die begrenzte Rechenleistung der Insekten lässt vermuten, dass sie diese Herausforderung durch
aktive Mustererkennung meistern, indem sie visuelle Informationen mit Hilfe eines hochspezialisierten sensomotorischen Systems erfassen.
Im Rahmen dieses PhD-Projekts ist geplant, die algorithmische Grundlage der Mustererkennung bei Insektenbestäubern durch drei Ansätze aufzudecken: Mit Hilfe von Verhaltens- und psychophysischen Methoden soll analysiert werden, wie Taubenschwänzchen ihren Flug steuern, wenn sie verschiedene Mustermerkmale inspizieren; mit neurophysiologischen Techniken soll untersucht werden, wie sich Variationen in den Mustereigenschaften (z. B. Kontrast oder Orientierung) auf die neuronalen Verarbeitung auswirken; und schließlich sollen Rechenmodelle entwickelt werden, die sowohl die aktiven Sehstrategien des Taubenschwänzchens, wie auch die visuellen Verarbeitungswege der Mustererkennung abbilden, was eine mögliche Anwendung im Bereich des Computersehen und der Flugrobotik ermöglicht.
Die Erfassung von Bewegungen hilft uns, die Mechanismen zu verstehen, mit denen Insektenbestäuber die Merkmale von Mustern erkennen und auf sie reagieren.
Lochlan Walsh
Universität KonstanzBetreut durch
Anna Stöckl
Neurowissenschaften, BiologieHector RCD Awardee seit 2022